Albtraum statt 1001 Nacht: Meine Kairo-Reise - Teil 1
Mein Freund und ich landen in Kairo, voller Vorfreude auf Geschichte, Abenteuer und die Erfüllung eines Kindheitstraums. Doch schon nach wenigen Minuten wird klar: Dieses Land spielt nach eigenen Regeln. Was uns wirklich erwartet: ein hitziger Empfang, ein aufdringlicher Taxifahrer und ein Hotelzimmer, das ein wenig zu authentisch ist.
Aber das ist erst der Anfang. Noch ahnen wir nicht, dass unser erstes Treffen mit der ägyptischen Polizei nicht lange auf sich warten lässt – direkt an den Pyramiden. Und dass Gesetze hier oft nur so fest stehen wie der Preis für einen Kamelritt, wenn der Polizist genug Trinkgeld wittert.
Willkommen in Ägypten – wo das wahre Abenteuer nicht zwischen den Pyramiden, sondern auf den Straßen beginnt.
Prolog
Juli 2023. Es ist heiß, 40 Grad Außentemperatur, aber das weiß ich noch nicht. Ich stehe in der Ankunftshalle des Flughafens in Kairo und habe kein Internet. Mein Freund wird gerade von einem Scammer angesprochen, der ihm eine SIM-Karte zu einem „good price “ verkaufen will. Schnell ziehe ich ihn weg. „Das ist Scam! Haben wir doch alles bei ‚Achtung Abzocke‘ gesehen!“, belehre ich ihn. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Mich zieht hier niemand über den Tisch!
Mein Freund sieht ein, dass ich (wie immer) recht habe, und trottet zum nächsten SIM-Karten-Shop. Wir brauchen jetzt schnell Internet, damit wir uns ein Uber rufen können.
Ein etwas längerer Weg liegt noch vor uns. Von Kairo müssen wir noch eine Stunde zu unserer Unterkunft fahren, die direkt bei den Pyramiden liegt. Vorfreude. Uns erwartet ein kleines Guesthouse mit Dachterrasse und direktem Blick auf die Pyramiden – das ausnahmsweise mal mein Freund gebucht hat. Es wird wunderbar, bin ich mir sicher. So eine coole Location. So ein kleiner Preis dafür. Ich bin stolz auf ihn.
Während mein Freund die SIM organisiert, träume ich vor mich hin. Ich bei Sonnenuntergang auf der Dachterrasse mit Blick auf die Pyramiden. Ich, wie Kleopatra lässig vor der Sphinx posierend. Ich vor der Pyramide. Ich in der Pyramide. Ich, wie ich ein Kamel adoptiere.
Dann beendet mein Freund meinen Tagtraum: Er hat die SIM-Karte. Wir bewegen uns zum Ausgang – ohne zu ahnen, was die nächsten 24 Stunden für uns bereithalten…


Mohamed
Heiße Luft schlägt mir entgegen, als ich aus dem Flughafengebäude trete. Noch bleibe ich cool – schließlich kenne ich diese Temperaturen von meinem Auto, dessen Klimaanlage seit zwei Jahren kaputt ist. Sowas härtet ab.
Auf dem Fußweg vor dem Eingang setzen wir uns in den Schatten und warten darauf, dass unsere SIM-Karte freigeschaltet wird und unser Internet funktioniert. Keine 30 Sekunden später wollen uns schon drei Taxifahrer ihre Dienste aufschwatzen. Wir lehnen ab – interessiert sie nicht. Immer wieder kommen sie mit „Good price, my friend.“ Einer von ihnen gibt besonders Gas: Ein rundlicher Mann, etwa Mitte 50, umkreist uns. Alle zwei Minuten steht er wieder vor uns, fragt, grinst, bleibt hartnäckig.
Wir beschließen, zu fliehen und wechseln die Straßenseite. Naiv wie wir sind, denken wir, wir hätten ein unmissverständliches Zeichen gesetzt und unser Desinteresse klar demonstriert. Er sieht das anders. Er folgt uns und lässt einfach nicht locker.
Nach 20 Minuten bietet er mir eine Zigarette an. Ich lehne ab und versuche gar nicht mehr zu verstecken, dass ich extrem genervt bin. Nach 30 Minuten will er wissen, wo wir herkommen. Nach 35 Minuten kennt er unsere Namen und erzählt, dass er Mohamed heißt. Wir haben immer noch kein Internet, dafür aber jetzt einen ägyptischen Onkel auf Zeit.
Nach 45 Minuten habe ich einen Hitzekoller und Mohamed ein halbes Gespräch mit sich selbst geführt. Während ich mich frage, warum ich mir in Deutschland eigentlich einreden wollte, dass 40 Grad im Juli gar kein Problem für mich sind und sich das ja nie so heiß anfühlt, wie es das Thermometer anzeigt, gibt Mohamed jetzt nochmal alles: „Come, come, I take you hotel. Very good price. Better than Uber, my friend!“
Mein Freund und ich schauen uns an. „Scheiß drauf, wir fahren jetzt mit.“
Wenige Sekunden später sitzen wir im „Taxi“. Mohamed grinst, bietet mir wieder eine Zigarette an. Dieses Mal nehme ich an. „In Cairo, all people smoking! Big stress, big smoke!“ sagt er und lacht. Ich kurbele das Fenster runter, zünde die Zigarette an und kann das alles nicht fassen. Das Taxi ist eigentlich gar kein Taxi, sondern Mohameds Privatauto: ein ca. 40 Jahre alter Renault 18, dessen Amaturenbrett mit einem ägyptischen Teppich ausgelegt ist.
Während die Stadt an uns vorbeizieht, erzählt er weiter: über seine Kinder, über seine Frau, die alles Geld verwaltet („My wife, big boss!“), über seine Kollegen in Luxor. Während er redet, stoppt er einfach mitten auf der Straße und dreht sich zu uns um. Dass er dadurch einen Stau verursacht, worauf er regelmäßig durch ein lautes Hupkonzert aufmerksam gemacht wird, interessiert Mohamed ziemlich wenig. Ich frage mich, ob er überhaupt einen Führerschein besitzt.
„Tomorrow, I take you for city tour! Egyptian Museum, pyramids, very nice places. You see real Cairo, not tourist Cairo. Special price for you, my friend!“
Mein Freund lacht. „Mohamed, you are a business man. You can work for me in my company.“ Dann tauschen die beiden Handynummern.
Ich ziehe an meiner Zigarette, der Fahrtwind weht mir um die Nase. Eigentlich ein cooler Typ dieser Mohamed, gebe ich innerlich zu.

Ankunft
Nach ca. 60 Minuten Fahrt biegen wir in das Viertel ein, in dem sich unser Guesthouse befindet. Wir fahren rechts an einem Polizeistand vorbei. Begeistert gucke ich aus dem Fenster. Mein Freund ist eher weniger erfreut von dem, was er sieht. Die Straße ist keine Straße, sondern eher ein breiter, unbefestigter Weg voller Matsch, den ab und an ein Esel kreuzt. Die Häuser sehen aus, als wären sie nie fertig geworden. Es fehlen Wände und auf Dächer hat man teilweise auch verzichtet.
„Oh my friend, very nice place, very good! You like?“, fragt Mohamed und grinst in den Rückspiegel.
Wir werden langsamer. Zunächst denke ich, wir hätten unser Ziel erreicht, doch dann bemerke ich, dass ein Esel vor uns läuft und wir uns an seine Geschwindigkeit anpassen.
Plötzlich wird von außen die Tür des Taxis aufgerissen! Ein Mann steht neben dem Taxi – Mohamed schimpft, der Mann schimpft. Geschrei auf Arabisch. Mein Freund ist einem Herzinfarkt nahe. Ich kann die Situation nicht einordnen und freue mich einfach weiter. Mohamed erlangt die Kontrolle über die Taxitür zurück und schmeißt sie zu. Draußen steht noch immer dieser Typ und schreit. Im Taxi sitzt Mohamed und schreit.
Mein Freund will wissen, was da gerade passiert. Mohamed lacht laut. „This guy crazy, he see taxi, he think ‘oh, tourist, big money!’ but no no no! You safe, my friend! I take care of you! You trust Mohamed, yes?“ Mein Freund wird kreidebleich. „Der wollte uns doch ausrauben“, kombiniert er.
Wir biegen in eine Gasse ein. Das Taxi stoppt. Wir sind da.
Hinter uns ruft Mohamed noch: „Tommorow city tour? Good price, my friend! You call me!?“
Während wir die Straße überqueren, hat mein Freund Angst, dass wir gleich (wieder) einem Gangster begegnen. Mit beschleunigtem Schritt hetzt er auf das kleine Guesthouse zu. Ich hingegen trotte gedankenverloren hinterher: Fast ausgeraubt worden – wie krass ist das denn? Wenn ich nach Hause komme, kann ich jedem die Geschichte erzählen. Die werden alle staunen. Total heftig. Und überhaupt – was wir hier in nicht mal drei Stunden schon alles erlebt haben!, sinniere ich weiter und fühle mich, als wäre ich mittendrin in meinem eigenen Kinofilm.
Schnell checken wir ein, schmeißen unsere Rucksäcke in unser Zimmer – ohne dieses großartig zu beachten – und machen uns direkt auf den Weg zur Dachterrasse.
Dort stehe ich dann. Vor mir die Pyramiden, getaucht in das warme Licht des Sonnenuntergangs. Hier wird gerade ein Kindheitstraum wahr. Wie lange habe ich von diesem Moment geträumt! Komplett überwältigt und ergriffen fange ich an zu heulen. Zwei Meter neben mir posiert eine mittelalte Frau für Instagram-Fotos.


"Auf booking hatte das gute Bewertungen"
Nach meinem kurzen Nervenzusammenbruch sind wir bereit, unser Zimmer zu beziehen. Wir schließen die Tür auf – und werden sofort von einem modrigen Geruch begrüßt. Das Zimmer selbst ist spartanisch eingerichtet: zwei schmale 1,20-Meter-Betten, ein Tisch, ein Stuhl, ein Badezimmer. Wenn Mohameds Renault ein Hotelzimmer wäre, würde es genau so aussehen. Trotzdem bleiben wir erstmal optimistisch – unsere Körper sind schließlich noch voll von Endorphinen, weil wir gerade die Pyramiden gesehen haben.

Hier gehts zu Teil 2:
Hinweis: Werbung, unbeauftragt! Bei diesem Text handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der unbeabsichtigt durchaus eine werbende Wirkung beim Leser haben könnte, ohne dass ich von irgendeinem Unternehmen dafür beauftragt wurde!